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When everybody called me ‚Baby’ and it didn’t occur to me to mind

When everybody called me ‚Baby’ and it didn’t occur to me to mind
© picturedesk
Veröffentlicht:
16.10.2012
Eine längst fällige Brandrede in Sachen „Dirty Dancing“ anlässlich des 25-jährigen Jahrestages, der mit der Neuerscheinung auf DVD und blu-Ray begangen wird. Ein paar Trivia gibt’s gratis dazu – und 10x die Limited Edition zu gewinnen!

„That was the summer of 1963 when everybody called me ‚Baby’ and it didn't occur to me to mind. That was before President Kennedy was shot, before The Beatles came, when I couldn't wait to join the Peace Corps and I thought I'd never find a guy as great as my dad.“

Dirty Dancing ist ein lahmer Tanzfilm für Mädchen aus dem Jahr 1987, sagen die einen. Dirty Dancing ist ein Glücksfall für eine ganze Generation von jungen Frauen, sage ich. Ein durch und durch feministischer Glücksfall, ganz nebenbei. Der Wandel der Heldin vom jungen Mädchen, das von der Unfehlbarkeit des eigenen Vaters schwärmt, hin zu einer eigenständigen jungen Frau liegt bereits im ersten Satz des Films. „It didn’t occur to me to mind“. „Es wäre mir nie eingefallen, dass mich das stört“. In der deutschen Version ist das untergegangen. „Es war im Sommer 63. Alle nannten mich ‚Baby’. Irgendwie hat mir das gefallen“, heißt es da. Keine Rede davon, dass man von einer namentlichen Verniedlichung je genervt sein könnte. Und wie heißt Baby wirklich? Frances Houseman. Nach der ersten Frau im US-Kongress. Wer ist der einzige, der fragt? Johnny Castle, der schöne Tanzlehrer. Für den sie offensichtlich deutlich mehr ist als nur ein Urlaubs-Flirt. Das nämlich ist die einzigartige Qualität von Dirty Dancing: Neben der altbekannten Handlung vom traumhaften Urlaubsflirt mit dem coolen Tanzlehrer in der feschen Lederjacke lernen wir in „Dirty Dancing“ nämlich ganz nebenbei Folgendes:

Frauen haben einen vollen Namen (noch heute bei weitem nicht in jedem Film!).

Soul-Musik ist die heißeste Musik der Welt. Und diese Erkenntnis war 1987 noch ziemlich einzigartig, von einem Soul-Revival gab’s damals keine Spur.

Illegale Abtreibungen können tödliche Konsequenzen haben. Dass Abtreibungen vor allem deshalb legalisiert wurden, damit keine Frauen mehr in Hinterzimmern verbluten, wird auch heute noch gerne bei Diskussionen zum Thema geflissentlich übersehen.

Eine junge Frau kann mit einem Typen, der ihr wirklich gut gefällt, glücklich guten Sex haben. Und nebenbei noch tun, wovon sie träumt. Sie wird dafür weder von der Familie, dem Umfeld oder der Filmhandlung in irgendeiner Form abgestraft und nein, sie braucht ihn dafür auch nicht zu heiraten! Heute in einem US-Mainstream-Film kaum vorstellbar, so schnell kann man gar nicht „Twilight“ sagen.

Die „guten Partien“ sind oft die faderen Typen. Traue keinem Kerl, der sagt „Ich mag dein Haar, wenn es vom Winde verweht wird“, auch nicht, wenn er zwei Hotels erben wird.

Baby ist eine junge Frau mit echten Eigenschaften und Leidenschaften. Sie ist keine Figur, der im Drehbuch ein paar Funktionen umgehängt wurden. Sie zeigt Profil. Sie ist durchschnittlich hübsch und überdurchschnittlich mutig. Sie weiß, was sie will. Sie weiß auch, wann sie Recht hat und wann ihr Unrecht getan wird. Sie lernt für’s Leben. Und sie lässt sich nicht unterbuttern.

Es war die Zeit, als Teenie-Komödien noch zärtlich mit ihren ProtagonistInnen umgingen. Die Zeiten, wo die Underdogs noch Helden sein durften und die Mädchen dazugehörten – und zwar nicht nur als weiblicher Aufputz. Es gab Filme wie „The Breakfast Club“, „Ferris macht blau”, „Pretty in Pink” . Danach kam „Pretty Woman“, die romantische Komödie über eine missbrauchte Frau, die Prostituierte wurde und einen Prinz gewordenen reichen Geschäftsmann zu eigenen Rettung brauchte.

Natürlich ist Dirty Dancing kein Film ohne Fehl und Tadel. Aber es hat einen Grund, warum ihn eine Frauengeneration über alles schätzt. Das hat auch, aber nicht nur mit Patrick Swayze, der Hebefigur und dem rosa Kleid zu tun. Sondern mit dem Versprechen, dass jede von uns den coolen Typen erobern kann – und zwar ohne sich zu verstellen oder zu verkleiden.

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Trivia, Trivia, Trivia

Dirty Dancing selbst ist eine Erfolgsgeschichte, mit der keiner gerechnet hat. Das Drehbuch schrieb die 1938 geborene Eleanor Bergstein, die auch als Co-Produzentin fungierte. Sie verarbeitete ihre Erfahrungen von Urlauben in den Catskills. Man hat ihr damals erklärt, ihr Drehbuch sei misslungen. Was für ein Irrtum. Die wilden Tanzfiguren ihrer Jugend tanzte sie am Set gleich selber vor. Das für Hollywood-Verhältnisse minimalistische Budget von geschätzten sechs Millionen Dollar musste reichen, eingespielt hat der Film bis 1997 knapp 64 Mio Dollar.

Gedreht wurde an zwei Schauplätzen, die weißen Zaunpfähle, die die Schauplätze verbinden, wurden an der einen Location aus- und der andern wieder eingebuddelt. Das Hotel gibt es tatsächlich, auch wenn es nicht „Kellerman’s“ heißt: http://www.mountainlakehotel.com/.

Noch mehr Trivia

Die legendäre Hebefigur-Szene im See wurde bei äußerst kühlen Witterungsverhältnissen gedreht, sowohl Patrick Swayze als auch Jennifer Grey bestanden darauf, dass sich Frau Bergstein gefälligst auch ins kalte Wasser begab. Sie selbst lag auch bei der ersten Liebesszene unterm Bett und hielt die Lampe, damit alles schummrig beleuchtet war. Das schauderbare „Kellerman’s Anthem“ verfasste übrigens ihr Gatte. Als sie auf Kino-Tour mit dem Film waren, beobachtete er, dass Teile des Publikums schon mitsingen konnten. Als sie meinte, er solle nicht mit seinem Song angeben, schließlich wäre es ihr Film, klärte er sie auf: Es hieß nämlich, dass viele Zuschauer den Film bereits auswendig konnten, sprich schon mehrfach gesehen hatte. Eine Szene wurde übrigens nach der Drehschluss-Party gedreht: Deswegen sieht man Jennifer Grey am Steg nur von hinten ihre Tanzschritte üben, die Nacht war zu kurz gewesen. Wenig romantisch auch der echte Hintergrund für die Kitzel-Szene: Jennifer Grey musste wirklich ständig lachen. Profi-Tänzer Patrick Swayze war davon wenig erbaut, was man auch deutlich im Film sieht. Die Szene blieb trotzdem drin.

Mit oft gerade einmal acht Tanzpaaren wurde mithilfe gefinkelter Bildausschnitte der volle Tanzsaal simuliert. Ein netter Fehler im Film: Einer der Tänzer hat ein Raumschiff-Enterprise-Tattoo. Die Serie lief allerdings erst 1966 an. Und bei der Szene, wo Johnny das Autofenster einschlägt, weil er den Schlüssel stecken gelassen hat, kommt der Regen offensichtlich aus dem Gartenschlauch, so schön scheint im Hintergrund die Sonne.

Der Film hat mehr seinen Zusehern als seinen Machern Glück gebracht. Die Ehe von Patrick Swayze litt unter all den Teenie-Fans, die seine jahrelange Gattin am liebsten gemordet hätten. Für Swayze gab's noch „Ghost - Nachricht von Sam“, „Gefährliche Brandung“ und „To Wong Foo“. Wer sich traut, sieht sich „Jump!“ an, den drehte Patrick Swayze im schönen Linz. Ein spätes Karriereglück mit der TV-Serie „The Beast" über einen alternden Under-Cover-Cop wurde durch Patrick Swayzes Krebs-Tod mit 57 Jahren verhindert. Jennifer Grey ließ sich die Nase operieren und spielte sich in „Irgendwie L.A.“ selbst. Eleanor Bergstein tat sich ebenfalls nicht mehr besonders hervor. Der formidable Jerry Orbach, Darsteller von Babys Vater, brachte es vor seinem Tod 2004 noch zu „Law & Order“-Ehren und wer sich schon immer frug, warum ihm die strenge Frau Großmama aus den „Gilmore Girls“ so bekannt vorkam: Es ist Kelly Bishop, ihres Zeichens die Darstellerin von Babys Mutter.

Ihnen allen haben wir einen wunderbaren Film zu verdanken. „Mein Baby gehört zu mir“, ist eines der gängigsten Zitate aus der deutschen Dirty-Dancing-Version. Ein Macho-Spruch. Wie heißt’s im Original: „Nobody puts Baby in the corner“. Holen wir doch Dirty Dancing aus dem Eck. Diesen Donnerstag werden wir beim Jubiläums-Screening im Wiener Gartenbaukino The Time of Our Life haben. With Passion in our Eyes. Und keiner wird uns davon abhalten.

Hier geht's zum Gewinnspiel!

"Dirty Dancing" noch nie im Kino gesehen? Für die Vorstellung am 19.10. im Wiener Gartenbaukino gibt es noch Tickets!

Text: Julia Pühringer

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